Vorträge des DFDDA 2017

Joachim Müller-Jung
F.A.Z. Wissenschaft Ressort, Ressortleiter (Science editor)

Eine neue politische Willkür rüttelt an wissenschaftlichen Grundfesten. Können das „Postfaktische“ und der Populismus das mit der Aufklärung gewonnene Vertrauen in empirische Evidenz, Objektivität und die Unabhängigkeit der Forschung untergraben und „alternative“ Glaubenssätze an die Stelle solider Theorien setzen? Die Schlacht um Wahrheit(en) trifft vor allem den Nachwuchs und dessen Rekrutierung, das Misstrauen wächst. Faktenchecks werden instrumentalisiert, die Qualität und seriöse Interpretation von Daten treten zurück hinter die zielgerichtete, manipulative End-of-Pipe-Kommunikation. Und: Mit Intransparenz gefährdet sich der Fortschrittsbetrieb selbst. Wie gefährdet ist in diesem Umfeld die Datenrevolution und der Fortschritt, wie beeinflusst das die Akzeptanz von Big Data?  

Auswirkungen auf das Risikomanagement und neue Prüfungsmethoden

Dr. Martin Panek / Franz-Xaver Betz
Bayerisches Landesamt für Steuern - Betriebsprüfung und Betriebsnahe Veranlagung

Die Steuerverwaltungen sind kontinuierlichen Veränderungen ausgesetzt. Zu nennen sind hier vor allem die strukturellen, technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die ständige Anpassungsprozesse auslösen. Enorme Herausforderungen resultieren in diesem Zusammenhang im Besonderen aus der Dynamik und dem Grad der sich kontinuierlich erhöhenden Komplexität der zunehmend digitalen Verarbeitungsprozesse und zu verwaltenden Massendaten.

Die externen Einflussgrößen haben bereits zur erheblichen Veränderung bisheriger Arbeitsformen und -strukturen einzelner Arbeitsbereiche in der Steuerverwaltung geführt, wobei viele Anpassungsprozesse bei Weitem noch nicht abgeschlossen sind.

Im Bereich der Betriebsprüfung, deren Hauptaufgabe die Sicherstellung einer gleichmäßigen und gesetzmäßigen Besteuerung ist, lassen sich die Veränderungen in allen Teilsegmenten des Workflows besonders eindrucksvoll nachzeichnen, da hier einerseits die Verfahren zur Betriebsverwaltung und Fallauswahl und andererseits die Prüfmethodik, die Prüfansätze wie auch die Intensität der Steuerermittlungsmaßnahmen innerhalb steuerrelevanten Datenbestände EDV-gestützter Datenverarbeitungssysteme betroffen sind.

Mit dem Vortrag „Digitale Betriebsprüfung“ soll die Digitalisierung und deren Auswirkung insbesondere auf das Risikomanagement und die neuen (digitalen) Prüfungsmethoden diskutiert werden.

Auswirkungen auf das
Risikomanagement und neue Prüfungsmethoden

Christian Bartmann
PWC Frankfurt - Director im Bereich Risk Assurance Solutions von PwC
Dr. Stephan Streller
IBIS Prof. Thome AG - Business Development der IBIS Prof. Thome AG

Unter dem Namen „Halo“ haben PwC und die IBIS Prof. Thome AG verschiedene Analysetools entwickelt, die auf einer tiefen und vor allem realistischen Kenntnis über die tatsächlich ablaufenden Geschäftsprozesse in den genutzten SAP Systemen aufsetzen.

Mit der nun zur Verfügung stehenden Technik ist es möglich effizienter und effektiver unsere Kunden zu bedienen. 

Die Einsatzbereiche reichen von der klassischen Jahresabschlussprüfung und Innenrevisionsaufträgen bis hin zu System- und Prozessharmonisierungs- und Optimierungsprojekten. Des Weiteren unterstützen wir mit Hilfe unserer Analysetools bei der Neueinführung der nächsten Generation von SAP S/4HANA und können auf Knopfdruck Benchmarking im Bereich Systemkonfiguration, ‑Systemnutzung und Systemkomplexität erstellen.

Wir werden Ihnen diese Ansätze näher vorstellen und dabei auch eine Live-Demonstration basierend auf laufenden bzw. abgeschlossenen Projekten zeigen.

Ein Rahmen zum Unterrichten von Big Data-Visualisierungen und deren Gefahren

Prof. Dr. Jürgen Ernstberger / Dr. Joachim Schnurbus
Technische Universität München / Universität Passau

Im ersten Teil des Vortrag wird das Lehrprojekt „Evidenzbasierte Entscheidungen auf der Grundlage von Big Data Analytics” vorgestellt. Das Projekt wird von mehreren Hochschulen getragen und soll Studierende über die Funktionsweise, die Einsatzmöglichkeiten und Herausforderungen von Big Data-Analysen informieren und sie in Form von selbstgesteuerten
wissenschaftlichem Lernen zum verantwortungsvollen Umgang mit Big Data-Analysen befähigen.

Im zweiten Teil des Vortrags werden als Beispiel die Thematik der Visualisierung sowie die damit verbundenen Gefahren vorgestellt. Big Data ist charakterisiert durch die schiere Menge an Daten. Um diese Menge nutzbar zu machen ist man insbesondere auf eine geschickte Visualisierung der Daten angewiesen. Anhand von diversen psychologischen Effekten wollen wir für zukünftige Studierende (des Accountings und weiterer Wirtschaftswissenschaften) aufzeigen, welche Gefahren typischerweise mit dem Big Data-Reporting verbunden sind und wie diese Gefahren zu vermeiden sind.

Prof. Dr. Oliver Thomas
Lehrstuhl für Informationsmanagement und Wirtschaftsinformatik Universität Osnabrück

Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen hat einen enormen Einfluss auf die Generierung rechnungslegungsrelevanter Daten. Auch Prüfungsgesellschaften müssen sich zunehmend den Auswirkungen der digitalen Transformation stellen. Prof. Dr. Oliver Thomas stellt in seinem Vortrag den aktuellen Stand der Forschung und Technik im Bereich der IT-gestützten Abschlussprüfung dar. Ergänzend werden sowohl Risiken und Grenzen der Digitalisierung als auch Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette diskutiert. Thomas fordert unter dem Schlagwort „Audit-as-a-Service“ insb. eine vollständige Digitalisierung wesentlicher Prozesse der externen Abschlussprüfung. Mit Audit-as-a-Service soll der Wandel von manuellen, stichprobenhaften Prüfungsdienstleistungen auf der Basis historischer Daten hin zu einer kontinuierlichen und somit zeitnahen Vollprüfung konsequent vollzogen werden. Dabei gehen die Überlegungen über die rein technische Entwicklung von Systemen zur Prüfung von Bilanzen hinaus. Essentieller Gedanke ist auch die Analyse der Auswirkungen des Ansatzes auf die Arbeitswelt von Beschäftigten der geprüften Organisationen und Prüfungsgesellschaften.

Dr. Jürgen Himmelmann
Commerzbank AG - Spezialist Produkt- und Prozessmanagement Payments (Betrieb)

Der weltweit nicht notwendig harmonisierte Regulierungsdruck auf die Finanzbranche nimmt in den letzten Jahren stetig zu. Vereinheitlichungsbemühungen im Euro Raum, Erweiterungen des Detailierungsgrades der Berichtspflichten an Aufsichtsbehörden, Verschärfung des Kontrollumfeldes sowie Vertiefung der Prüfungen durch Aufsichtsbehörden stellen jedes Jahr eine immer größere Herausforderung für Banken dar.

Am Beispiel des sogenannten US – Monitors (Prüfung durch US-Behörden) werden in diesem Vortrag Auswirkungen auf die Datenhaltung in Banken einerseits aber auch Veränderungen und Weiterentwicklungen in der Struktur von BI - Anwendungen aufgezeigt. 

Zur Abrundung wird ein Überblick über aktuelle technologischen Entwicklungen in der Finanzbranche und sich daraus möglicherweise ergebende, neue Herausforderungen an Datenanalysen gegeben.

Dr. Wolfgang Pietsch 
Wissenschaftlicher Mitarbeiter - Munich Center for Technology in Society, TU München

Eine Reihe von Thesen werden erörtert im Zusammenhang mit der Frage, ob datenintensive Wissenschaft ein neues Paradigma wissenschaftlicher Methode darstellt:

  1. Datenintensive Wissenschaft steht in einer alten und ehrwürdigen empiristischen Tradition, die einflussreiche Methodiker wie Francis Bacon, Isaac Newton oder John Stuart Mill umfasst.
  2. Datenintensive Wissenschaft führt zur zunehmenden Berechenbarkeit komplexer Phänomene, vor allem zu verlässlicheren kurzfristigen Vorhersagen.
  3. Ein wichtiger Anwendungsbereich betrifft Sozialwissenschaften wie die Ökonomie mit weitreichenden gesellschaftlichen und ethischen Konsequenzen.
  4. Nicht zuletzt durch die einhergehende Automatisierung von Wissenschaft verändert sich grundlegend die Rolle wissenschaftlicher Experten.
  5. Es gibt starke Analogien zwischen konventionellem Experimentieren und datenintensiver Wissenschaft.
  6. Kausalität ist das zentrale Konzept um zu verstehen, warum datenintensive Ansätze wissenschaftlich relevant sein, u.a. verlässliche Vorhersagen liefern können.
  7. Die klassische Statistik ist der Datenflut nur beschränkt gewachsen; neue induktive Ansätze sind erforderlich.