Vorträge des DFDDA 2024

Ein kritischer Blick aus Sicht von Aufsichtsbehörden

Prof. Dr. Andreas Igl
Hochschule der Deutschen Bundesbank

Knapp 15 Jahre nach der letzten globalen Finanzkrise hielten die Finanzmärkte im Frühjahr 2023 wieder den Atem an: die Silicon Valley Bank (SVB) und weitere US-amerikanische Kreditinstitute wurden von den zuständigen Aufsichtsbehörden geschlossen, die Schweizer Großbank Credit Suisse (CS) wurde infolge eines Liquiditätsengpasses unter enger Begleitung durch den Staat, die Zentralbank sowie die FINMA vom Konkurrenten UBS übernommen.

Im Gegensatz zur Situation im Herbst 2008 besaßen die zuständigen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden jedoch deutlich mehr Daten und Informationen über die Kreditinstitute, welche zudem schneller und in höherer Qualität zur Verfügung standen. Wie konnte es dennoch zu der Situation kommen, dass die internationalen Finanzmärkte mit einem „Lehman 2.0“ rechneten?

Nach einem kurzen einleitenden Teil veranschaulicht der Vortrag aktuelle Informations- und Datenquellen sowie die bei der Analyse genutzten Werkzeuge und Instrumente. Zudem werden konkrete Fragestellungen aus dem Zusammenbruch der SVB und der Übernahme der CS thematisiert, um daraus Lehren und Forschungsansätze für die Zukunft von prüfenden Akteuren wie die Interne Revision, die Wirtschaftsprüfer und die Aufsichtsbehörden abzuleiten.

Eine ausreichende Maßnahme oder nur ein Teil des Ganzen?

Felix Rose
BDO

In einer Zeit, in der digitale Transformation mehr als ein Modewort ist und zum Herzstück fortschrittlicher Firmen avanciert, stehen wir vor dem Beginn einer neuen Entwicklungsphase. Es geht um strategische Ausrichtung, Strukturen und Prozesse, interne Optimierung und zukunftsgerichtetes Wirken. Diese Entwicklung bietet große Chancen, birgt jedoch auch viele unerschlossene Herausforderungen.

Im Kern der Betrachtung steht die Integration von physischen und digitalen Prozessen. Aber wie können Potenziale erkannt und in greifbare Pläne umgesetzt werden? Wie können vorhandene Unternehmensdaten in den Prozessen des Rechnungswesens effektiv und wertschöpfend genutzt werden? In diesem Kontext sind ebenfalls die zunehmende Regulierung und die gestiegenen Anforderungen bei der Einführung neuer und vielversprechender Technologien zu berücksichtigen. Ein zentraler Aspekt ist der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI). Die Verfügbarkeit neuer KI-Technologien könnte die Möglichkeiten der digitalen Transformation erheblich erweitern und beschleunigen. Doch reicht Technologie allein aus, um konzeptionell erfolgreich zu sein? Welche weiteren Faktoren spielen eine Rolle? Erhöht KI vielleicht sogar die Komplexität derartiger Implementierungen? In Bezug auf Regulierung, Compliance-Anforderungen und die Schaffung entsprechender Kontrollstrukturen in Unternehmen ist es wichtig, verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Es entstehen neue Aufwandsfaktoren, deren Wirtschaftlichkeit zu prüfen ist. IT-Infrastrukturen, Technologien, Kundenorientierung und Mehrwertgedanken treiben die digitale Transformation voran, wobei zentrale Bereiche des Rechnungswesens nicht nur beeinflusst werden, sondern auch eine Anpassung ihrer Rolle erfahren.

Entwicklung KI-basierter Services inmitten der Herausforderungen der Digitalen Transformation

Maria Klapani
DATEV

Unternehmen sämtlicher Branchen und Sektoren digitalisieren ihre Geschäftsprozesse und Unternehmensstrukturen. Aufgrund der dadurch zunehmenden Abwicklung von Geschäftsvorfällen und der dahinter liegenden komplexen Systeme, sind Prüfer einer steigenden Datenflut ausgesetzt. Die Verwendung von neuen Technologien in der Abschlussprüfung ist damit unumgänglich, um den Mandantenbedürfnissen weiterhin gerecht werden zu können. Künstliche Intelligenz (KI) kann Prüfer beim Umgang mit großen Datenmengen unterstützen, da sie in der Lage ist neue Muster zu identifizieren und den Prüfungsprozess effektiver zu gestalten. Bahnbrechende Fortschritte waren im vergangenen Jahr insbesondere im Bereich der Generativen KI zu verzeichnen. Die Lösung komplexer Fragestellungen oder die Generierung von Texten können oftmals nicht mehr klar von der mithilfe menschlichen Expertise erstellten Lösungen unterschieden werden. Desto wichtiger erscheint es, bereits in dieser frühen Phase der Generativen KI erste Anwendungsfälle im prüferischen Kontext zu identifizieren und zu testen. Im Rahmen dieses Vortrags möchten wir einen Einblick in die Entwicklung KI-gestützter Services in der Wirtschaftsprüfung geben und dabei auch auf Herausforderungen eingehen, die uns in der Softwareentwicklung dabei begegnen. Denn Ergebnisse oder Entscheidungen von selbstlernenden KI-Algorithmen bringen momentan auch einige Fragestellungen einher, wie z.B.:

  • Wie können Entscheidungen der KI-Modelle nachvollzogen und erklärt werden, insbesondere bei komplexen Prüfungsprozessen?
  • Wer trägt die Verantwortung für Fehler oder ungenaue Prüfungsergebnisse, der Mensch oder die KI? Wie lässt sich eine klare Verantwortlichkeitsstruktur schaffen?
  • Wie kann sichergestellt werden, dass die KI-Modelle keine diskriminierenden oder voreingenommenen Ergebnisse produzieren und dass Prüfungen fair erfolgen?

Dipl.-Finanzwirt Stefan Werner
Finanzamt Königs Wusterhausen Groß- und Konzernbetriebsprüfer

In einer Ära exponentiell wachsender Datenmengen in Unternehmen und Verwaltungen bleiben oft wertvolle Erkenntnisse ungenutzt, die aus diesen Daten gewonnen werden könnten. Mit der fortschreitenden digitalen Transformation gewinnt die Datenvisualisierung immer mehr an Bedeutung. Sie ermöglicht es, komplexe Daten effizient zu erfassen und zu analysieren, wodurch fundiertere Entscheidungen getroffen werden können. Fortschrittliche Datenanalysetools wie Microsoft Power BI spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie bieten innovative Möglichkeiten zur Datenbearbeitung und -analyse und stellen gleichzeitig erhöhte Anforderungen an die Analysten. Der Vortrag fokussiert darauf, wie Unternehmen und Verwaltungen effektiv von diesen Entwicklungen profitieren können, indem sie die Vorteile der Datenvisualisierung und fortschrittlicher Analysetools nutzen, während sie gleichzeitig sicherstellen, dass ihre Analysten den neuen Herausforderungen gewachsen sind.

  1. Einleitung: Die wachsende Bedeutung von Datenanalyse
    • Aktuelle Trends und Herausforderungen im Bereich der Datenanalyse
    • Die Rolle der Datenvisualisierung im Kontext digitaler Transformation
  2. Grundlagen der Datenanalyse
    • Visualisierung vs. Kennzahlen: Ein Vergleich
    • Der Weg von Daten zu Informationen: Einblick in den Prozess.
    • Data Literacy: Warum es eine Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts ist
    • Knowledge Discovery in Databases (KDD): Ein Überblick
  3. Die Zukunft der Datenanalyse
    • Einblick in zukünftige Trends: Graphentheorie, semantische Textanalysen, Process Mining
    • Die Rolle generativer KI in Verbindung mit Business Intelligence
    • Power BI: Möglichkeiten und Grenzen

Dipl.-Finanzwirt Matthias Eilenbrock
Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Wuppertal

Die Implementierung von Microsoft Power BI in der deutschen Finanzverwaltung ist ein beeindruckendes und bislang wohl einzigartiges Projekt in der Welt der Business Intelligence. Bereits heute nutzen einige Bundesländer erfolgreich Power BI. Wenn alle Bundesländer dieses System einführen, könnten insgesamt über 13.000 Prüfer in Deutschland damit arbeiten. Zudem erfolgt ein Austausch über die Grenzen hinaus mit den Niederlanden, wo es erste Planungen gibt, ebenfalls Microsoft Power BI in den Außendiensten einzusetzen. Solche Entwicklungen erfordern umfangreiche Anpassungen und Schulungen sowohl im technischen als auch im methodischen Bereich. Im Zuge dieser Herausforderung wurden die VISU-Tools entwickelt, um Power BI für eine breitere, technisch weniger versierte Nutzergruppe zugänglich zu machen. Hierbei wird beleuchtet, wie automatisierte Prozesse Rohdaten in aussagekräftige Dashboards umwandeln und den Prüfungsprozess optimieren können, um qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erzielen. Der Vortrag bietet einen Einblick in die spezielle Implementierung von Power BI in der Finanzverwaltung und hebt dabei die Unterschiede zu traditionellen BI-Lösungen hervor.

  1. Microsoft Power BI im Fokus
    • Vergleich mit anderen Tools wie Excel, IDEA & ACL
    • Praktische Vorteile und Mehrwerte von Power BI
    • Anwendungsbeispiele und Best Practices in der Finanzwelt
  2. VISU-Tools in der Finanzverwaltung
    • Einführung in VISU-Tools und ihre Rolle in der Datenaufbereitung
    • Automatisierte Prozesse: Von Rohdaten zu aussagekräftigen Dashboards
    • Optimierung des Prüfungsprozesses und Erzielung qualitativ hochwertiger Ergebnisse
  3. Abschluss: Live-Demonstration
    • Praktische Anwendung von Power BI
      • Semantische Textanalyse anhand von Buchungstexten
      • Graphentheorie anhand von E-Mails

Was Rolex, Patek Philippe und Audemars Piguet über Aktienmärkte und Unternehmensbewertungen aussagen können

Siegfried Köstlmeier
Universität Regensburg / Pasigma GmbH
Doktorand / Geschäftsführer

Am Beispiel eines Preisindex für Luxusuhren zeigt der Referent, wie Manager und Wirtschaftsprüfer Zweitmarktpreise für Luxusuhren dazu verwenden können, ergänzende Einschätzungen zu etablierten ökonomischen Konjunktur- und Wirtschaftsindikatoren zu erhalten. So ist z.B. die marktbasierte Schätzung von Eigenkapitalkosten börsennotierter Unternehmen von Entwicklungen des gesamten Aktienmarktes abhängig. Alternative Anlageklassen wie Luxusuhren können hierfür etwaige Fehlbewertungen am Aktienmarkt andeuten und deren Größenordnung sinnvoll einschätzen.

Luxusuhren als alternative Anlageklasse wurden bislang in der akademischen Finanzwissenschaft und in der Finanzpraxis völlig ignoriert. Drei Aspekte sind dabei zu beachten: Erstens, Rendite- und Risikoeigenschaften vieler exotischer Sammelgegenstände wurden bereits in der relevanten Fachliteratur untersucht, z.B. Kunstgemälde, Weine, Oldtimer, antike Handfeuerwaffen, Teddybären oder Comic Hefte. Zweitens, eine Erhebung von Deloitte zeigt, dass die Anzahl von ultra-high net worth individuals, also Privatpersonen mit einem liquiden Vermögen von mehr als 50 Mio. Dollar, stark zunimmt und diese Personengruppe zusammen im Jahr 2020 bereits 1,5 Billionen Dollar alleine in Luxusinvestments angelegt hatte. Drittens, alternative Anlageklassen erlauben interessante Rückschlüsse für etablierte Märkte wie z.B. Aktienmärkte und damit letztlich auch zur Unternehmensbewertung.